Anwendung einer gendergerechten Sprache

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Antrag auf Anwendung einer gendergerechten Sprache in der internen und externen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Berghof, sehr geehrter Herr Kämmerer Lange, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es soll eine Formulierungskorrektur geben, um Personen männlichen, weiblichen, sowie jenseits der beiden klassischen Geschlechter (Mann und Frau) in die Ansprache einzubeziehen.

Worüber reden wir eigentlich, wenn wir von gendergerechten Sprache sprechen? Ich denke am besten ist es wohl unter Feminismus zusammengefasst. Laut Wikipedia ist Feminismus: ein Oberbegriff für gesellschaftliche, politische und akademische Strömungen und soziale Bewegungen, die, basierend auf kritischen Analysen von Geschlechterordnungen, für Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts sowie gegen Sexismus eintreten und diese Ziele durch entsprechende Maßnahmen umzusetzen versuchen.

In diesem Sinne bin ich Feminist. Ich fordere die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ein Aufbrechen von Gender-Rollen. Hier sehe ich eine große Aufgabe der Gegenwart und Zukunft. Es ist zu wichtig, als dass es abgetan werden sollte mit: „wir haben besseres zu tun“.

Aber ich bin gegen die so genannte gendergerechte Sprache; ob Gendersternchen oder jegliche andere schon vorliegende oder zukünftig ausgearbeitete Variante.

Feministen und Feministinnen,

Feminist*innen,

Feminist_innen,

Feminist/innen,

Feministx,

Feministïnnen und

Feminist:innen

Im Folgenden ist jegliche Variante mitgemeint.

Auch wenn ich nachvollziehen kann, wenn der ein oder andere als Reaktion auf die dargestellten Schreibweisen nur schmunzeln kann, könnte ich die Umständlichkeit der Schreibweisen in Kauf nehmen - für eine wirksame Maßnahme. Ich halte sie aber nicht für wirksam. Nach meinem Dafürhalten bekämpft das Gendersternchen lediglich ein Symptom und nicht die Ursache von Ungleichberechtigung.

Die Ursache von Ungleichberechtigung liegt jedenfalls nicht im generischen Maskulin sondern bei von der Gesellschaft vorgegebenen Geschlechterrollen und der Gesellschaft selbst. Zum Erreichen von Gleichberechtigung, die über kurzfristige Symptombekämpfung hinausgeht, brauchen wir ein Umdenken in der Gesellschaft, kein Gendersternchen.

Eigentlich ist hiermit alles gesagt, ich möchte aber noch auf ein paar Argumente gegen das Gendersternchen eingehen.

Das Gendersternchen ist nicht alltagstauglich.

Wie Personenbezeichnungen mit einem Gendersternchen ausgesprochen werden sollen - beispielsweise mit einer kurzen Sprechpause, unter Auslassung des Sternchens als feminine Form oder als Paarform – ist unklar. Ich schließe mich dem GfdS in der Meinung an, zwar grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Sprache zu befürworten, „das sogenannte Gendersternchen stellt aber aus sprachlicher Sicht kein geeignetes Mittel dar, um dieses Anliegen umzusetzen“.

Tatsächlich bin ich der Meinung, dass Feminismus und damit das Ziel von Gleichberechtigung durch das Gendersternchen belächelt wird. Das Ziel sollte aber nicht sein, möglichst viele Leute gegen sich aufzubringen, wir sollten vielmehr versuchen, all die Probleme, die Frauen hierzulande noch haben, zu beseitigen.

Lebewesen haben ein Geschlecht, aber nicht Wörter.

Keine Sprache der Erde enthält auch nur ein einziges männliches oder weibliches Wort, auch das Deutsche nicht.

Unter einem Generikum versteht man ein Wort, das ganz oder in bestimmten Verwendungen keinen Bezug auf das natürliche Geschlecht des Bezeichneten aufweist.

Maskuline Generika sind beispielsweise

Mensch,

Fan,

Säugling,

Leichnam oder

Prüfling.

Dass ein solches maskulines Generikum wie „Mensch“ Frauen nur „mitmeint“, ist eine begriffliche Irreführung.

Genauso gilt es auch andersherum: Feminine Generika sind beispielsweise

Person,

Koryphäe,

Leiche,

Waise oder

Geisel.

Auch „die Leiche“ schließt selbstredend Männer mit ein. Die wesentliche Eigenschaft von Generika besteht ja gerade darin, dass überhaupt kein Bezug auf irgendein Geschlecht besteht.

Von Prüfling*in oder Wais*in zu sprechen ist also vollkommen unnötig, da bei Prüfling und Waise kein Geschlecht ausgegrenzt ist. Dies jetzt in der Gender-Debatte künstlich hinzuzuführen ist vom Grundsatz schon falsch.

Es gibt auch Sprachen, die keine Geschlechter kennt. Der/die/das entfällt. Man sollte meinen ein Fest für den gemeinen Gendersternbefürworter. Damit würde ja die gefühlte Notwendigkeit des Gendersternchens komplett entfallen. Wenn Sprache tatsächlich die treibende Kraft für Gendergerechtigkeit ist, sollte es in diesen Kulturräumen ohne grammatisches Geschlecht ja vorbildlich sein. Das Türkische hat zum Beispiel keine Geschlechter. Dass dies die Gleichstellung in der Türkei auf irgendeine Weise erleichtert hätte, ist fraglich.

Freilich gibt es Zusammenhänge zwischen dem Genus eines Wortes und dem Geschlecht von gemeinten Personenkreisen. Es wurden Experimente durchgeführt, die Maskuline Generika nach der Stärke ihres Bezuges auf männliche Stereotype zu ordnen. Also wie sehr assoziieren wir geschlechtsspezifische Personengruppen mit maskulinen Generika. Personenbezeichnungen wie

Terrorist,

Spion,

Physiker,

Lehrer,

Sozialarbeiter,

Erzieher,

Kosmetiker

haben danach ein soziales Geschlecht (ein Gender), das unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. So dürfte bei obiger Abfolge vom Terroristen bis zum Kosmetiker der Grad an männlicher Genderisierung abnehmen.

Das wir uns bei dem Wort Terrorist eher einen Mann vorstellen als bei dem Wort Kosmetiker hat kulturelle Gründe, nicht sprachliche!

Daran zu arbeiten, dass im Sinne von Gleichberechtigung die Gesellschaft, wenn Sie Pilot hört, sowohl an Frauen als auch an Männer denkt ist unser aller täglichen Aufgabe. Das fängt bei der Erziehung an – auch Jungs dürfen pink und Voltigieren mögen und auch Mädchen spielen Fußball. Das ist unser Auftrag auch in der Sprache.

Wenn ich von Stadtverordneten oder Bürgermeistern, oder Bürgern spreche, schließe ich jegliches Geschlecht ein. Ich fühle mich mit Bürger oder Stadtverordneter angesprochen. Jemand der, wenn er Bürger sagt, Frauen nicht meint, wird auch mit dem Gendersternchen nicht von deren Relevanz in der Gesellschaft überzeugt.

Die Nutzung eines Generikums ist also immer zu befürworten, nicht künstlich zu problematisieren!

Die generische Verwendung bei femininen Personenbezeichnungen ist im Übrigen nicht möglich: Terroristin, Spionin, Physikerin, Lehrerin, Sozialarbeiterin, Erzieherin, Kosmetikerin sind nicht generisch, sondern weiblich festgelegt. Das Nutzen von femininen Personenbezeichnungen ist also keine Lösung.

Auf die Problematik von Gendersternchen bei generischen Indefinitpronomina wie wer, irgendwer, niemand, jemand und so weiter, die alle ausschließlich maskuline Formen haben gehe ich nicht weiter ein.

Zusammenfassend:
Ein Gendersternchen löst nicht das bestehende Problem der Ungleichbehandlung. Die eigene Einstellung tut es, die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Gleichberechtigung. Gendersternchen helfen nicht bei der Gleichheit von Mann und Frau sondern heben im Gegenteil mit jedem Wort mit Sternchen die Ungleichheit hervor. Stadtverordnete schließt alle Geschlechter mit ein, warum also Stadtverord*innen? Das Wort Stadtverordnete hat Frauen nie ausgeschlossen. Wörter haben diese Macht nicht. Nur Anwender, also Menschen und deren Handlungen. Ich traue unserer Verwaltung nicht zu, tatsächlich insgeheim nur Männer zu meinen, wenn sie von Stadtverordneten oder Bürgern sprechen. Sicher darf man darüber diskutieren, ob Gleichberechtigung und Gleichbehandlung vollends angekommen sind, solange die Herren Alkohol und die Damen einen hübschen Strauß Blumen bekommen, aber das ist eine andere Diskussion, die nicht beantragt wurde.

Einen besseren Vorschlag als das Sternchen habe ich nicht. Aber das ist kein Argument das Gendersternchen einzuführen, denn es ist nicht nur eine suboptimale Lösung, es ist kontraproduktiv und je länger es befürwortet wird, desto größer wird der Schaden, der für Gleichberechtigung entsteht.

Wir sollten an der Gleichheit von weiblichen und männlichen Stadtverordneten, Bäckern, Bürgern usw. arbeiten und nicht die Unterschiede mit dem Gendersternchen hervorheben. Aus diesen Gründen ist die UCW Fraktion, liebe Stadtverordnete und Kollegen, dafür, den Antrag der UDW und der CDU Fraktion abzulehnen.

Vielen Dank

Teresa Hermann

stellvertretende Fraktionsvorsitzende der UCW Drolshagen

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